Intelligentes Leben auf dem Mars – Teil 2
Nachdem von 1960 bis 1964 schon zwei Generationen von Raumsonden verloren gingen, schaffte es 1964 die siebte zum Mars gestartete Sonde auch am Mars anzukommen. Mariner 4 hatte eigentlich nur ein marsspezifisches Experiment, eine TV-Kamera. Alle anderen Experimente maßen Strahlung, Teilchen, Stäube und Magnetfelder. Die Kamera wurde in rund 15.000 km Entfernung aktiviert und übermittelte 22 Bilder. So viele passten nicht auf das Magnetband, sodass es vom 22.sten Bild nur 22 Zeilen gab. Die Bilder wurden dann langsam übertragen – das NASA DSN schaffte damals nur eine Datenübertragungsrate von 8,33 Bit/s. Obwohl die Bilder weder hochauflösend , noch besonders scharf waren, zeigten sie doch etliche Krater, aber keine Kanäle, dabei hatte die Bildserie einen Streifen quer vom Nordpol bis nahe des Südpols gezogen und dabei zahlreiche „Canali“ überquert.
Damit war die Vorstellung von intelligentem Leben auf dem Mars endgültig gestorben. Mehr noch. Da die Aufnahmen nur Krater zeigten, machte sich die Vorstellung breit, der Mars wäre ähnlich öde und mit Kratern übersät wie de Mond. Mariner 4 hatte kein Spektrometer an Bord um die Zusammensetzung der Atmosphäre zu bestimmen. So gab es Informationen über die Atmosphäre nur auf indirektem Wege. Der Atmosphärendruck wurde auf 30 mb geschätzt. Je nach Wissenschaftler war Stickstoff oder Kohlendioxid der Hauptbestandteil der Atmosphäre. Ein Magnetfeld konnte nicht festgestellt werden.
Fünf Jahre später folgten die verbesserten Vorbeiflugsonden Mariner 6+7. Beide zusammen übermittelten rund 200 Aufnahmen, höher auflösend als die Von Mariner 4. Sie deckten nun 20% der Oberfläche ab, vornehmlich die Südhalbkugel. Auch Mariner 6+7 entgingen die Flussläufe, das Grabensystem und das Valles Marineris. (auch wenn es, wie der Riesenvulkan Olympus Mons, auf den Weitwinkelaufnahmen erkannt werden konnte – es fehlte aber die Auflösung es als eigenständiges Detail zu erkennen). Mariner 6+7 lieferten auch die ersten Daten über die genaue Zusammensetzung der Marsatmosphäre und den Bodendruck – rechtzeitig genug um die Fallschirme und Landesysteme von Viking auszulegen.
Die Versuche der Sowjetunion den Mars zu erreichen scheiterten alle. 1971 erreichte neben der US-Sonde Mariner 9 auch das Duo Mars 2+3 den Planeten. Von den beiden Landern gelang nur dem von Mars 3 eine weiche Landung. Er fiel jedoch wenige Sekunden nach der Landung aus. Damals tobte auch ein globaler Staubsturm, eventuell ist dieser am Ausfall mitbeteiligt. Die Orbiter von Mars 2+3 machten einige Fotos litten jedoch unter technischen Mängeln und einer mangelnden Flexibilität. So nutzten die Sonden Film für die Aufnahmen und dieser war verbraucht bevor die Atmosphäre wieder klar war.
Mariner 9 konnte jedoch abwarten – die Sonde fertigte über 9 Monate einen Komplettatlas des Mars an. Er zeigte nun ein anderes Bild: Es gab riesige erloschene Vulkane, Grabenbrüche die auf der Erde quer über den amerikanischen Kontinent reichen würde, riesige Flussläufe die heute ausgetrocknet sind und chaotisches Terrain, geformt von Eis, Tektonik und Meteoriteneinschlägen.
Auch der sowjetischen Sondenarmada die 1973 zum roten Planeten aufbrach war kein Glück vergönnt. Von fünf gestarteten Sonden war nur Mars 4 einigermaßen erfolgreich. Dabei wusste man dass man russisch Roulette spielte – einige Monate vor dem Start hatte man festgestellt das die Fertigung eines Transistors, der praktisch überall in der Elektronik vorkam, umgestellt wurde und die Kontakte nun aus Aluminium anstatt aus Gold bestanden. Die Aluminiumkontakte korrodierten unter simulierten Weltraumbedingungen innerhalb von Monaten und die Transistoren fielen aus. Anstatt nun den Start zu verschieben und die defekten Teile auszutauschen, startete man alle Sonden, obwohl man wusste, das es nur eine 50:50 Chance gab, dass eine Sonde heil den Mars erreichte – was auch nur Mars 4 gelang. Die Landekapsel von Mars 6 lieferte immerhin noch Daten über die Atmosphäre bis zur Landung, doch auch dann verstummte sie.
1976 sollten die Viking Sonden die Frage des Lebens klären. Die Orbiter setzten zwei Lander ab, deren teuerstes Experiment ein Biolabor war – eine kleine Apparatur mit Inkubationskammern, angeschlossen an Öfen und einen Gaschromatograph/Massenspektrometer. Die drei Experimente im Biolabor untersuchten drei Charakteristika von irdischem Leben: photosynthetisch aktives Leben nimmt Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf, Leben nimmt Substanzen aus einem Nährmedium auf und Leben verändert die Atmosphäre. Die Experimente gingen also an die Wurzel dessen was man nachweisen kann: Leben verändert die Umwelt. Das sollte nachgewiesen werden. Dazu wurde radioaktiver Kohlenstoff als Marker genutzt. Das Photosyntheseexperiment war negativ, das Stoffwechselexperiment zuerst positiv – es wurde bei Zugabe von Nährsubstanz eine Freisetzung von Gasen beobachtet. Doch sank dies ab, als man noch mehr Nährsubstanz zugab. Ds Gasaustauschexperiment brachte Klarheit – innerhalb von Minuten steig der Sauerstoffgehalt um das 200-fache an, wenn man nur Wasser zugab. Das war nur zu erklären wenn der Marsproben hoch oxydativ war und die Bodenproben die Nährsubstanzen bei Kontakt zersetzten. Das konnte 33 Jahre später mit der Entdeckung von Peroxiden durch die Marssonde Phoenix bestätigt werden.
Obgleich die Experimente von Viking kontrovers diskutiert wurden (unter anderem konnten die Experimente in irdischen Bodenproben aus Wüsten nur Bakterien identifizieren, wenn es mindestens 1 Million davon in einer Bodenprobe gab, sie waren also sehr unsensitiv), waren viele der Ansicht, dass zumindest die Oberfläche tot ist. Die durch UV-Strahlung entstandenen Peroxide hätten jedes Leben sofort zerstört. Wenn es Leben gab, dann vielleicht tief unter der Oberfläche.
Warum trotzdem nochmals viele an Leben auf dem Mars glaubten war, weil 1977 eine extrem nachgeschärfte Aufnahme von Viking aus der Cydonia Region auftauchte. Im Original ist von einem Gesicht nur ansatzweise etwas zu sehen. In der meistens publizierten, kontrastverstärkten, Aufnahme mit zahlreichen Artefakten kann man ein Gesicht erkennen. Erst 1997 wurde durch hochauflösende Aufnahmen von Mars Global Surveyor das Rätsel gelöst – es ist nichts anderes als ein erodierter Fels mit einem Schattenspiel.
Das Thema Leben auf dem Mars taucht immer wieder auf, vor allem die NASA pusht es, wenn Raumsondenstarts anstehen, wie 1996 der Fall des ALH84001 zeigt. Es wurden in diesem vom Mars stammenden Meteoriten angebliche Nanobakterien gefunden (die nach Organismen aussehenden Spuren, sind zu klein um RNA oder DNA aufzunehmen). Daneben wurden PAH (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) entdeckt die bei dem Verkohlen organischer Substanzen entstehen, sowie Carbonate und eine besondere Form eines Eisenminerals. Keine der Fakten konnte unabhängig verifiziert werden. Die einzige Spur, die nicht auf anorganischem Wege entstanden sein konnte, die PAH ist leider die schwächste und könnte durch Kontamination durch irdische Bakterien entstanden sein. Obwohl die NASA alle möglichen Hinweise auf flüssiges Wasser, Wasservorkommen etc., also Voraussetzungen für Leben auf dem Mars, immer wieder als Meldung platziert (obwohl es heute als gesichert gilt das genügend Wasser auf dem Mars ist) hat sie seitdem kein Experiment mehr auf dem Mars gelandet, dass Leben direkt nachweisen könnte. Man fürchtet sich wohl vor negativen Resultaten. Auch der neueste Rover der NASA, „Curiosity“, der im November starten soll wird zwar den Boden chemisch untersuchen, aber hat kein Experiment an Bord das nach aktivem Leben sucht.
Die Frage, weshalb so viele Marsmissionen gescheitert sind hat mich früher schon mal beschäftigt.
Die Problematik des Transistors, dessen Kontakte vom Zulieferer aus Aluminium gefertigt wurden, ist ein schönes Beispiel, wie komplex soche Projekte sind. Das ist ja kein Problem der sowjetischen Mangelwirtschaft sondern ein generelles. Bei den hochkomplexen Geräten der Raumfahrt tauchen solche Probleme ja tausendfach auf. Heute können natürlich auch die Russen leichter den Lieferanten wechsel, getest werden muss trotzdem.
Ein weiteres Problem sind die atmosphärischen Einflüsse, die einen schlecht kalkulierbaren Einfluss bei den Landeversuchen hatten. Die Landung mit den Airbags fand ich daher eine geniale Idee. Sie zeigt für mich die Richtigkeit einer „goldenen Regel“: KISS, keep it simple stupid! Versuche ein gegebenes Ziel mit den einfachst möglichen Mittel zu erreichen. Jede unnötige Verkomplizierung ist zu vermeiden.
Die Ursache kann man hier nachlesen:
http://www.bernd-leitenberger.de/mars.shtml
Der Airbag ist durchaus nicht „simple“. Die Belastungen für die Struktur sind weitaus höher als bei dem schon erprobten Abbremsen durch Triebwerke und daher wurde die Idee nach zwei Versuchen auch nicht wieder verwendet.