Am 4.Mai: 50 Jahre Strato-Lab V
Leider mit einer kleinen Verspätung ein weiterer Artikel zu einem ballonhistorischen Ereignis: Hatte Nick Piantanida den inoffiziellen Ballon-Höhenrekord geholt, wurde der heute noch geltende offizielle Rekord am 4. Mai 1961 aufgestellt: Der Ballon hieß Strato-Lab V und an Bord: Die beiden Navy-Offiziere Malcolm Ross und Victor Prather.
Das Strato-Lab-Programm begann bereits 1954, als das Office of Naval Research Vorschläge für ein bemanntes Forschungsballonsystem untersuchte. Die Ballone und die Kapsel dafür wurden von Otto Winzen und seiner Firma Winzen Research, Inc. in Minneapolis gebaut. Am 8. November 1956 gab es dann den ersten Höhenaufstieg Strato-Lab I, der Malcolm Ross und Lee Lewis auf 23,165 Meter Höhe trug. Damit übertrafen sie den von dem Ballon Explorer II aufgestellten Höhenrekord: Dieser Ballon stieg am 11. November 1935 auf eine Höhe von 22,066 m. Da das Ventil des Ballons versagte, sank Strato-Lab I unerwartet, weshalb Ross und Lewis allen Ballast und Geräte aus der Kapsel warfen, um trotzdem sicher zu landen.
Am 18. Oktober stieg Strato-Lab II auf 25,910 m (Inzwischen hatte aber der USAF-Arzt Major David G. Simons in Manhigh II am 19./20. August den Höhenweltrekord auf 30,900 m gehoben). Der Aufstieg verlief normal, nur dass es Ross und Lewis nicht gelang, Sputnik 1 zu fotografieren, so wie das geplant war. Außerdem störten die Druckanzüge ohne Kühlsystem (die die beiden trotz der geschlossenen Kapsel trugen) sehr.
Weiter folgten Strato-Lab III, in dem Ross und Lewis eine Höhe von 25,000 Metern erreichten. Sie blieben auch über Nacht in der Stratosphäre, und zwar vom 26. auf den 27. Juli 1958, mit einer Gesamtfahrtdauer von 35 Stunden. Bei dieser Fahrt wurde auch zum ersten Mal eine Live-TV-Übertragung aus der Stratosphäre gesendet. Lewis verließ die Navy kurze Zeit später, um für Winzen Research zu arbeiten. Als er 1959 ein neues Aufhängungssystem für Ballonnutzlasten in einer Sporthalle testete, wurde er von einem herabfallenden Holzblock erschlagen.
Am 19. auf dem 20. November 1959 trug Strato-Lab IV Ross und den Physiker Charles Moore auf 24,690 Meter. Auf dem Dach der Kapsel war ein 40 cm-Teleskop angebracht, mit dem Moore den Wasserdampfgehalt der Venusatmosphäre bestimmen wollte. Dies war schwierig, weil es in der Kapsel sehr kalt wurde, was die Männer zum Zittern brachte und dieses Zittern bewegte wiederum das Teleskop. Kurz vor dem Abstieg konnte Moore seine Messungen durchführen. Kurz vor der Landung wurde die Gondel vom Ballon getrennt, um an einem Fallschirm zu laden. Dieser Schirm zog die Kapsel über 800 m über Zäune und andere Hindernisse. Die Kapsel wurde schwer beschädigt, Moore und Ross trugen Verletzungen davon.
Vermutlich weil die Kapsel beschädigt war (jedenfalls geht das aus den Plänen hervor, weil erst Strato-Lab VII wieder die Kapsel benutzen sollte; ein Strato-Lab VI ist nirgendswo verzeichnet), wurde eine offene Gondel mit zwei Sitzen gebaut, die nach außen hin nur durch Jalousien vor der direkten Einstrahlung der Sonne geschützt waren. Am 4. Mai 1961 wurde der Ballon von Strato-Lab V auf dem Deck des Flugzeugträgers USS Antietam gefüllt. Schiffsstarts für große Ballone sind nicht ungewöhnlich, da man eine Windstille auf dem Deck erzielen kann, wenn das Schiff mit der Geschwindigkeit und dem Kurs des Windes fährt. Der Ballon war auch der größte, der bis dahin gebaut worden war: Sein Volumen betrug 283,168 Kubikmeter.
Das Ziel für Ross und seinen Copiloten Victor Prather war es, die Mark IV Druckanzüge zu testen, auf denen die Anzüge für Mercury basierten. Gleichzeitig wurde ein elektrisches Hygrometer getestet. Um 7:08 Uhr verließ der Ballon das Deck. Um 9:47 Uhr erreichte der Ballon die Höhe von 34,688 Metern, dies ist die Höhe, die auch heute noch als Höhenweltrekord für bemannte Ballone gilt. Ross begann kurz danach, den Abstieg einzuleiten, der wegen der Größe des Ballons erst nur langsam vonstatten ging. Als der Abstieg endlich schnell genug war, war er dann wieder zu schnell, weshalb Ross und Prather Ballast abwarfen.
Der Ballon landete dann um 16:02 Uhr im Wasser (mit beim Ballast war auch eine Leine gewesen, die es erlaubt hätte, mit dem Ballon wieder auf der Antietam zu landen). Ross und Prather sollten von einem Helikopter aufgenommen werden: Ross stieg in den herabgelassenen Haken, rutschte ab, konnte sich festhalten und wurde dann hochgezogen. Prather rutschte auch ab…und fiel in den Golf von Mexiko. Da beide ihre Helme geöffnet hatte, füllte sich Prathers Anzug schnell mit Wasser. Mehrere Taucher holten ihn aus dem Meer, aber Victor Prather war zu diesem Zeitpunkt bereits bewusstlos. Er starb etwa 80 Minuten später im Alter von 37 Jahren.
Strato-Lab wurde bald darauf eingestellt. Am nächsten Tag, den 5. Mai, wurde Alan Shepard in Mercury Freedom 7 der erste Amerikaner im Weltraum. Trotzdem hatte Strato-Lab neben den Experimenten viel geleistet: Es war das erste Projekt, bei welchem ein ausgebildeter Wissenschaftler die Instrumente bediente, während ein Pilot das Fahrzeug steuerte.