Man könnte neidisch werden

Elendsoft hat mir ein kleines Taschenbuch zum Apollo-Sojus Projekt zugeschickt und schon vor der ersten Inhaltsseite bin ich neidisch geworden: „1. Auflage 1-40 Tausend“ steht da. Dabei, das wird bei den folgenden Seiten wird klar, das dieses Buch wohl niemals außerhalb der damaligen DDR gelesen worden sein, denn es beginnt schon mit Lobpreisungen auf die Erfolge der UdSSR und auch schon auf der ersten Seite mit Lügen wie der „fortscheitenden Veränderung des Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus“.

Mit Büchern aus der DDR ist es so eine Sache. wenn es um Lehre und Wissenschaft geht, zumindest in Naturwissenschaften kann man sie bedenkenlos kaufen. Da ist ja keine Ideologie drin. Das Standardbuch für das organische Praktikum bei uns war das Organikum aus der DDR, wobei die noch konsequenter die IUPAC Nomenklatur verwendet haben, also Benzen anstatt Benzol und Cholesterol anstatt Cholesterin. Schwieriger wird es dann bei solchen populären Themen. Da kann man Glück haben wie bei dem Buch von Stache „Sowjetische Raketen“, so man die vereinzelten und wohl auch nötigen Lobeshymnen bzw. Tiraden gegen den Westen überlesen kann, oder es wird schlimmer. Ich habe das Gefühl das scheint hier der Fall zu sein. Das fängt schon beim Titel an: es heißt „Sojus-Apollo 1975“ und nicht „Apollo Sojus Testprojekt.

Aber was neidisch macht ist die Auflage: 40.000 in einem so kleinen Land wie der DDR. Das wären auf die heutige BRD hochgerechnet etwa 200.000 Exemplare! Damit wäre man mit Sicherheit in den Bestellerlisten. Ich wäre ja zufrieden wenn eines meiner Bücher ein Hundertstel der 40.000 Exemplare erreichen würde, von 200.000 mal ganz zu schweigen. Beim letzten Buch denke ich hat fast jeder Käufer inzwischen eine Amazon-Kritik geschrieben. Daher bleibt auch der Entschluss für absehbare Zeit kein raumfahrtbuch mehr zu schreiben. Immerhin haben sich nachdem in den Jahren 2011 und 2012 die Einkünfte rückläufig waren (und zwar im Gesamten, wenn man es pro Buch betrachtet sieht es noch schlimmer aus, weil ja in der Zeit neue erschienen) sie sich nun stabilisiert. Allerdings nur dank der beiden neu erschienen Bücher im Bereich Ernährung. Mit vier Titeln die keine Raumfahrt Themen behandeln mache ich derzeit 50% des Umsatzes und mit den anderen 15 Titeln die andere Hälfte. Ich hoffe ja das wird mit dem aktuellen Titel besser. Vom Inhalt her denke ich sollte es die bisher größte Käuferschicht ansprechen, doch das dachte ich beim Diätratgeber auch. Derzeit kommen die Korrektoren dank zweier Vorkorrekturen rechnet schnell durch und ich bin optimistisch, das es noch dieses Jahr erscheint. Nächstes Jahr wird es ruhiger werden, auch weil seit langem nur ein Buch in der Pipeline ist. Im Normallfall arbeite ich ja schon am nächsten wenn eines bei den Korrekturlesern ist. Außerdem kommen dann nächstes Jahr die ersten Entscheidungen welche Bücher noch am Markt bleiben. Im Juli läuft der erste Vertrag aus (Europäische Trägerraketen 1), gefolgt von den beiden Raketenlexikons im Oktober und November. Zumindest das über US-Träger werde ich nicht verlängern. Aber ich werde euch noch rechtzeitig unterrichten, wenn ich beabsichtige einen Vertrag auslaufen zu lassen.

Die Zeit in der man mit Raumfahrtbücher große Auflage machen kann, und selbst mittlere Auflagen gehen wohl nur wenn man das bedient was die meisten Interessiert, das ist eben bemannte Raumfahrt oder unterhaltssame Storys vor allem eben von und über Menschen / Astronauten. Das ist wenn man es ernst meint nur möglich wenn man in einem Programm arbeitet oder man macht es sich einfach und übersetzt Statusreports ins Deutsche, ergänzt durch etwas Wikipedia. Das erste kann ich als Außenstehender nicht und das letzte will ich nicht. Das Dumme ist nur: zu den anderen Gebieten (Computer und Ernährung) fallen mir gar nicht so viele Themen für Bücher ein. Also mehr Ideen als für die nächsten beiden Bücher habe ich nicht. Aber vielleicht ist bis dahin auch die Zeit reif für etwas komplett neues. Oder es kommt ein riesiger Stimmungsumschwung, Obama kündigt ein Mondprogramm an, oder Zubrin/Musk starten gemeinsam zum Mars in einer Dragon und alle Leute begeistern sich wieder für Raumfahrt. Aber eher wird man wohl auf RTL2 seriöse Dokumentationen sehen, als das eintritt.

Man sieht das schon bei aktuellen Projekten. Ich bin gerade dabei den Artikel über MAVEN fertigzustellen. Selten hatte ich für eine neue Raumsonde so wenig Material. Selbst über die niemals gestartete Mars 2001 Surveyor Raumsonde gibt es mehr Informationen. Wenn nicht die Experimente von ihren PI relativ gut beschrieben worden wären, dann wäre der Artikel relativ kurz. Ich vermute das liegt daran, dass die Sonde vom GSFC kommt. Sowohl vom JPL wie auch Ames Forschungszentrum gibt es mehr zu den Raumsonden, doch diesmal liefert selbst der NTRS nur 3 Suchergebnisse für „Maven“.  Das ist sogar weniger als das Stichwort „SpaceX“ oder „Falcon 9“ liefert. Ich habe jetzt nur noch die Hoffnung das das Launch Presskit, das zum Start erscheint etwas ausführlicher ist.

Morgen gibt es einen gastbeitrag von Niels (der seit September im Entwurfsstadium ist), dann am Mittwoch damit ihr die Gastbeiträge auch gut würdigen könnt ein echt schweres Musikrätsel und am Donnerstag schon den nächsten gastbeitrag von Thierry über das Kerbal Space Progeamm

5 thoughts on “Man könnte neidisch werden

  1. Wenn im Buch so viele Lobpreisungen auf die Sowjetunion/den Sozialismus stehen, wurden viele Menschen damit vielleicht einfach zwangsbeglückt? Ein Buch von Stache weitgehend ohne Lobhudelei ist das Werk „Raumfahrt-Trägerraketen“ ( http://www.amazon.de/Raumfahrt-Trägerraketen/dp/B0024QI6MM ), dass ich unter der Rubrik empfehlenswerte Raumfahrtbücher ja schon vorgestellt habe.
    Zu deinen Büchern: Ich weiß nicht wie sich deine Verkäufe entwickelt haben, aber ich vermute dass es einfach an mangelnder Bekanntheit liegt. In den Bibliotheken in meinem Umkreis beispielsweise gibt es über Raumfahrt nur den Motorbuchverlag-Schrott (zumindest was die meisten Typenkompasse angeht, die dickeren Bücher sind z.T. etwas besser). Sind deine Bücher eigentlich normal wie nicht-Selbstverlag-Bücher gelistet? ISBN-Nummern haben sie ja.
    Viele Grüße
    Niels

  2. Gelistet ja, aber wie der Name des Verlags „Book on Demand“ heißt gibt es eben keine Exemplare die erst an Buchhandlungen geschickt werden und die diese zurückschicken können wenn sie nicht verkauft werden,

    Ich habe auch nicht mehr viel Werbung betrieben, nachdem ich erst wenig Erfolg hatte und dann als eine „Renzesion“ kam:
    http://www.bernd-leitenberger.de/blog/2010/09/21/die-rezension-im-dlr-magazin-127/

    Derselbe Rezensent fand ein Buch das im wesentlichen aus Zusammenfassungen von Astronautix.com und meiner Webseite bestand übrigens super toll. Seitdem habe ich keinen Versuch mehr gemacht es rezensieren zu lassen, zumal ich etwas ähnliches auch bei einem Buch verfolgen konnte das ich selbst rezensiert hat und mir der Autor von ähnlichen Fällen berichtet hat in denen sein Buch ziemlich verrissen wurde, zwei Kritiken habe ich selbst gelesen. Sein Buch ist sicher nicht fehlerfrei, aber so einen Verriss hatte es nicht verdient.
    http://www.bernd-leitenberger.de/blog/2011/05/31/buchkritik-sven-piperexoplaneten/

  3. Naja, das Buch von Pieper ist jetzt aber auch in zweiter Auflage erschienen. Das könnte natürlich auch damit zu tun haben, dass ein riesiger Verlag dahinter steckt.

  4. In den 70ern gab es noch kein Internet (zumindest nicht in der DDR), somit waren Druckerzeugnisse das einige Medium, um sich zu informieren. Zudem hatte Raumfahrt damals einen ähnlichen Stellenwert wie heutzutage „Social Media“. Wer interessiert sich heutzutage noch für Raumfahrt, abgesehen von uns Spinnern? 🙂

  5. Ich denke auch, dass „Raumfahrt“ heute in den Medien (und damit auch bei Buchkäufen!) viel weniger Stellenwert hat als vor 30 bis 50 Jahren. Damals war das DAS high-tech-Thema. Heute sind wir in dem Sinne demokratischer geworden, als high-tech wirklich für alle da ist (gut, nicht jeder kann sich ein iPhone leisten, aber es gibt ja noch andere Smartphones), und die Aussicht auf eine Reise zum Mond oder gar Mars, die allenfalls wenige glückliche Astronauten antreten können, die Massen eben NICHT mehr begeistert.

    Kai

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