Vorbilder

Als ich nach Büchern stöberte fiel mir auf, dass Jesco von Puttkamer ein neues geschrieben hat. (Neu eigentlich nicht, ich habe es vorher nur für eine Neuauflage seines Buches von 1969 zur Mondlandung gehalten, er hatte dieses ja schon 2001 neu veröffentlicht). Das erinnert mich daran, dass von ihm einige Bücher in meinem Regal stehen. eigentlich die meisten Bücher eines Autors auf diesem Gebiet (wenn ich von meinen eigenen Büchern absehe). Das hat auch einen Grund und leitet mich zu meinem heutigen Thema: Vorbildern oder Idole.

Ich gehöre zu den wenigen, bei denen als Jugendlicher keine Poster von Promis im Kinderzimmer hingen. Wenn ich zurückdenke fallen mir eher die Bücherregale ein. Später ergänzt durch ein Schaubild des Sonnensystems. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich damals ein Idol hatte oder später irgendwen den ich so toll fand, dass ich ihm nacheifern wöllte.

Das hat sich zumindest beim Bücherschreiben geändert. Ich gebe zu, hier habe ich Vorbilder und zwar mehrere. Das eine ist Werner Büdeler. Sein Buch „Faszinierendes Weltall“ zur gleichnamigen Fernsehserie im ZDF 1980 war eines der ersten beiden die ich mir gekauft habe. Er hat eine Begabung die ich definitiv nicht habe: Etwas einfach zu erklären und stark (auf das wesentlichste) zu reduzieren. Also auf wenigen Seiten die Mondforschung mit Raumsonden zusammenzufassen oder selbst wenn es um Details geht, den Detaillierungsgrad soweit zu beschränken wie man braucht um die Grundlagen des Phänomens zu erklären.

Mir geht es so, dass ich etwas möglichst detailliert erklären will. Ich habe es echt schwer wenn ich Details weglassen muss, das war beim Raketenlexikon die Hauptaufgabe. So wird es Leute die mich kennen, nicht verwundern, dass ich gerade Auflage 2 des ersten Bandes ergänze – um Triebwerksdaten… Auf der anderen Seite schreibe ich natürlich Bücher vornehmlich für mich selbst – danach hoffe ich mehr über ein Thema zu wissen oder zumindest ein Buch zu haben indem ich nachschlagen kann. (Es ist erstaunlich wie schnell man viel vergessen kann, obwohl man sich wochenlang mit dem Thema beschäftigt hat und den Text mehrmals durchgelesen….) Und für mich müssen Bücher detailliert sein.

Das führt mich zu Jesco von Puttkamer. Auch er schreibt Bücher die detailverliebt sind, nicht ganz so wie meine, aber dafür noch für die Leute gedacht, die keinerlei Vorbildung haben. Begriffe werden erklärt oder die Sprache verwendet kaum Fachbegriffe. Ich gebe ehrlich zu: Meine Bücher wenden sich an Leute die schon ein bisschen Ahnung von der Raumfahrt haben. Aber es gibt eines dass ich an ihm gar nicht schätze: er will mir bei jedem seiner Bücher sein Weltbild aufs Auge drücken. Zumindest gilt das für die neueren Bücher. Beim ersten Buch über das Space Shuttle Programm „Der erste Tag der neuen Welt“ findet man ganze Kapitel über die kommerzielle Nutzung des Space Shuttles und die dabei entstehenden Gewinne. Als das nicht klappte, ist es beim nächsten dann beim nächsten Band der Nutzen für eine ganze Nation durch geringere Schäden durch Unwetter etc. Und als das auch nicht klappte, war es beim Buch über die ISS der soziokulturelle Nutzen mit starker Kritik an Deutschland und der seiner Ansicht nach viel zu geringen Beteiligung an der ISS.

Alles was prognostiziert wurde, stimmte nicht und wir können heute froh sein, dass wir nicht stärker an der ISS beteiligt sind, die ja nun erheblich teurer wurde als geplant und deren Nutzung nach Ausscheiden der Shuttles erst mal eingeschränkt ist. Ich habe nichts gegen eine eigene Meinung: Auch bei meinem ATV Buch und den beiden Bänden über europäische Trägerraketen werden sie Kapitel mit eigener Meinung oder „Was wäre wenn“ finden: Aber das ist gekennzeichnet und die Beschreibung des Fachlichen ist davon getrennt, die ist ohne Wertung.

Früher fand ich es erstaunlich zu lesen was Puttkamer alles weis. Seit ich übers Internet Zugriff auf die NASA Ressourcen habe weiß ich: Er hat einfach die Presskits und anderen offiziellen Veröffentlichungen der NASA zusammengefasst. Das klingt banal, doch das ist keine Herabwürdigung. Darin steckt eine ganze Menge Arbeit wie ich gerade bei Skylab feststelle: Alleine acht Bücher gibt es von der NASA über Skylab. Dazu kommen noch zahlreiche Presskits, Mission Reports und Spezialveröffentlichungen. Alleine das Durchlesen artet in Arbeit aus.

Kommen wir zu meinem absoluten Vorbild: Horst W. Köhler. Nein, nicht der ehemalige Bundespräsident, sondern ein Journalist, der zum einen mein meistzerfleddertes Buch „100 Raumfahrt“ sowie zwei andere über den Mars und die Planeten schrieb: Präzise, trotzdem verständlich. Einfach die besten Raumfahrtbücher die ich habe. Vielleicht schaffe ich es mal auch nur annähernd so gute Bücher zu schreiben.

Nun das obige ist sicher fleißigen Bloglesern nichts neues. Das Thema habe ich schon mal aufgegriffen. Doch ich will auch neue Aspekte einbringen. Warum gerade bei Büchern? Ich kann mich nicht erinnern einen berühmten Naturwissenschaftler als Vorbild gehabt zu haben. Vielleicht weil viele Entdeckungen und erfinden viel mit Glück oder Zufall zu tun haben. Vielleicht auch weil ich schon damals wusste, das die Zeit derer die alleine im Labor arbeiten vorbei sind und ein Nobelpreis oder eine Entdeckung oft das Resultat der Arbeit eines ganzen Kollektivs ist.

Auch beim Programmieren habe ich keine Vorbilder. Wobei ich natürlich sagen muss: Es gibt wenig berühmte Softwerker. Die meisten haben eine Programmiersprache entwickelt. Aber als ich anfing hat man schon in Hochsprachen programmiert und noch eine Programmiersprache? Ich habe später mal eine Skriptsprache für die Automatisierung von Tests geschrieben, aber das ist nicht zu vergleichen. Auch hier: Die Zeit der großen Einzelgenies ist weitgehend vorbei. Wenn ein einzelner noch was bewegen kann, dann vielleicht als Initialzündung mit einer neuen Idee, einem Konzept oder eine Spezifikation.

Vielleicht sind Autoren meine Vorbilder, weil man von ihnen lernen kann und zwar direkt und ihnen auch nacheifern – Autor kann heute jeder werden und es ist ein Handwerk, dass man erlernen kann. Forscher zu werden ist schwieriger, mal von den vielen Jahren Studium vorher abgesehn. Neben einem Labor muss man auch die richtige Aufgabe finden. Wer tagein, tagaus Milchprodukte auf mikrobiologische Eigenschaften, Fettgehalt und Geschmack prüft wird wohl kaum jemals eine riesige Entdeckung machen und wer im Auftrag von Kunden programmiert bei dem stehen die Chancen schlecht völlig revolutionäre Algorithmen zu entwerfen.

Die Sache mit den Vorbildern und Idolen kann ja auch sehr persönlich sein. Ich habe immer wieder Mails bekommen in denen die Autoren mir schrieben dass dieser oder jener Lehrer oder eine andere Person sie für Raumfahrt interessiert hat. Aber soweit ich mich erinnere habe ich niemanden kennen gelernt der mich in dieser Weise beeinflusst hätte. Ich hatte einige gute und engagierte Lehrer bei denen man merkte, dass sie von ihrem Fach überzeugt waren, aber auch die haben mich jetzt nicht gerade zu eigenen Studien, Experimenten oder über den Unterricht hinausgehendes ermutigt.

2 thoughts on “Vorbilder

  1. Ich fand Puttkamers aktuelles Buch „Abenteuer Apollo 11“ eigentlich recht gut. Ich habe es auch nicht als „Weltbild aufdrücken“ empfunden, sondern vielmehr so, als würde er noch voll im grenzenlosen Optimismus der 60er Jahre feststecken, als die Marslandung noch für die 80er Jahre anvisiert war. Es klang bei seiner Beschreibung der Ares 1 5 und Constellation auch so, als wären die Pläne dafür gesichert; was sich ja wiederum als falsch herausgestellt hat.
    Empfehlen würde ich das Buch dennoch. Was ich übrigens allgemein schade finde, ist, dass es so wenig über die anderen Missionen gibt. Vielleicht wäre das ja noch eine Buchidee? „Die unbeachteten Apollo Missionen“ oder so ähnlich, in dem alles ausser Apollo 11 und 13 beschrieben ist.

  2. Wie ich gerade durch Search Inside bei Amazon herausfand ist das Buch weitgehend identisch zu „Apollo 11 wir sehen die Erde“ von 2001, das damals auch nur eine Neuauflage des Buches von 1969 war ergänzt um einige Nachbemerkungen zur Geschichte von Apollo und dem russischen Mondprogramm. Ich kann das Buch allen empfehlen die eine gute deutsche Beschreibung der Mondmissionen aus damaliger Zeit suchen.

    Das erklärt auch warum hier noch kein Weltbild aufs Auge gedrückt wird: Das gab es in den frühen Büchern (ich habe noch zwei andere von ihm aus dieser Zeit) noch nicht. Es war auch nicht nötig, denn die bemannte Raumfahrt wurde damals noch nicht hinterfragt und man war äußerst optimistisch. Wernher von Braun plante die erste Marslandung zwischen 1981 und 1986… Leider hat sich dies inzwischen beim Autor geändert.

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