Die ökonomische ISS Versorgung

Willkommen bei einem neuen Aufsatz in der Rubrik: „Wir wissen es besser als die NASA“ (was angesichts des derzeitigen Chaoses dort auch wirklich kein Problem ist). Nehmen wir mal an, man hätte die ISS richtig geplant und dazu gehört auch ein echtes Versorgungskonzept. Die ISS soll nach den derzeitigen Planungen noch 9 Jahre betrieben werden, Weitere 13 Jahre wurde sie aufgebaut. Selbst wenn ein Transporter nur einmal pro Jahr sie anfliegt, kommt da also eine schöne Anzahl an Exemplaren zusammen.

Entsprechend sind auch Kosten recht hoch, wenn der Transport zu teuer ist oder die Nutzlast zu gering. Auf der Erde gibt es verschiedene Güter zu transportieren: sperriges Frachtgut wie Lebensmittel, Paletten, Wasser, Benzin, Druckgas. Kennen Sie einen Transporter der mehrere dieser Güter befördert? Also den Möbeltransporter, der auch Wasser, Druckgas und Treibstoff befördert? Nein? Das liegt wohl daran, dass man hier auf der Erde ökonomisch denkt und nicht meint die eierlegende Wollmilchsau erfinden zu müssen. Ganz anders wird es wenn Raumfahrtagenturen sich demselben Thema annehmen, dann kommen genau solche Wolpertinger raus.

Das bedeutet: Pro Transporter nur ein Frachtgut. Also einer für:

  • Wasser / Druckgas
  • Treibstoff
  • Fracht im Druckbehälter
  • Paletten

Bis auf die Cygnus sind alle Transporter Multitalente. Das HTV kann Fracht und Paletten. Das Shuttle konnte Fracht und Paletten. Die Progress können Treibstoff, Gase, Wasser, Fracht und das ATV auch. Bei den Progress gibt es sogar zwei Typen, der eine mehr für den Treibstofftransport ausgelegt und der andere mehr für den Frachttransport. Die Dragon kann wie das HTV Fracht und Paletten und zugleich auch noch den Rücktransport.

Warum das von Nachteil ist, zeigt sich am ATV. Dort befinden sich die Gas- und Wassertanks hinter dem Druckbehälter. Selbst wenn man sie entfernt, bleibt die Doppelwand, die Leitungen und die Verstärkung der Struktur um ihr Gewicht aufzunehmen. Das gilt auch für die Treibstofftanks im hinteren Teil. Es ist auch nur möglich den Treibstoff zu reduzieren, aber wegen der Doppelfunktion als Antriebstreibstoff kann er nicht komplett eingespart werden. Der Druckbehälter vorne enthält auch den Kopplungsadapter. Er kann daher nicht eingespart werden, selbst wenn es keine Fracht in ihm zu befördern gäbe.

Daher Vorschlag 1: Ein Transporter pro Frachtsorte.

Europa hätte sich auf Treibstoff beschränken können: Die EPS Oberstufe hat schon lagerfähige Treibstoffe und das Triebwerk ist wiederzündbar. Hätte man an die EPS-Oberstufe ein Avionikteil angebracht, wie das des ATV mit kleinen Triebwerken, so hätte man einen reinen Treibstofftransporter. Die Vorteile wären neben viel kleineren Entwicklungskosten offensichtlich: Das Aestus-Triebwerk nutzt den Treibstoff besser aus, man benötigt rund 10% weniger davon. Die Avionik könnte auch die VEB ersetzen und so rund 1,5 t Gewicht einsparen (klappte als kombiniertes Gefährt ja schon bei den KH1-8 Satelliten gut). Selbst ohne, wäre ein reiner Treibstofftransporter für rund 12 t Treibstoff gut – mehr als 50% Nutzlastgewinn verglichen mit dem ATV.

Russland kann wegen der kleinen Nutzlasthülle der Sojus keine großen Druckbehälter starten. Daher wäre ein eigener Wasser/Gastransporter sinnvoll. Das Servicemodul der Progress könnte einen Kopplungsadapter mit einer Betankungseinrichtung transportieren, angeschlossen an einen Wassertank und einer oder mehreren Druckgasflaschen je nachdem ob nur Wasser oder auch Gase transportiert werden sollen. Tank- und Frachteinheit würden entfallen. Das Problem der heutigen Progress ist das Wasser/Druckgas in vielen kleinen Tanks befördert wird, anstatt einem großen Tank und einem Druckgastank zur Förderung. Die Menge ist daher auf rund 450 kg pro Flug begrenzt.

Anstatt dem HTV in der heutigen Form wäre ein reiner Frachttransporter für die Beförderung von Racks sinnvoll (weder Cygnus noch Dragon können diese aufgrund ihrer Größe befördern).

Die Dragon in der heutigen Form ist geeignet für den Transport von Paletten (im Erweiterungszylinder) und den Rücktransport von Ergebnissen. Das Hauptproblem ist, dass diese beiden Anforderungen recht gering sind. Man benötigt nicht viele Paletten und auch nur 1000 bis 1.500 kg Fracht die zur Erde zurückgebracht werden. Ein Flug pro Jahr würde ausreichen. Für den Frachttransport ist die Kapsel aber nur bedingt geeignet. Ihr Volumen ist zu klein und sie ist unnötig massiv für den Job. Doch auch die Cygnus ist nicht ideal. Sie ist zu klein für Standardracks und sie leidet unter dem Volumenproblem: Ihr Druckbehälter hat einen Durchmesser von 3,0 m bei einer Länge von 3 m. Geht man über auf 4,4 m Durchmesser und 4 m länge, also die Abmessungen von HTV und ATV, so steigt die Oberfläche (verantwortlich für die Masse) um den Faktor 95%, das Volumen (verantwortlich für die beförderte Fracht) aber um 186% – es lohnt sich einfach große Transporter zu bauen.

Vorschlag 2: Nicht nur die Nutzlast optimieren, sondern auch die Kosten

Gehen wir von einer neutralen Kostenbetrachtung aus. Neutral heißt man schaut sich mal die Kosten an. Was verursacht die Kosten? Sicher nicht die Druckbehälter. Es sind die Buse, mit der Stromversorgung, Lageregelung, Computern, Thermalkontrolle. Satelliten arbeiten heute einige Jahre bis Jahrzehnte. Diese Avionikbusse verglühen aber mit dem Rest der Transporter bei jedem Einsatz. Sinnvoll wäre es daher sie wiederzuverwenden. Zumindest bei den Transportern mit Druckfracht, die keine Flüssigkeiten und Gase transferieren müssen sollte dies recht einfach sein. Es müsste eben der Frachtbehälter zwei Adapter haben. Einen zur ISS hin und einen zum Bus. Nach dem Verlassen der Station bremst der Bus zuerst ab, sodass der Bus verglüht, trennt ihn ab und zündet gleich wieder um sich selbst in eine sichere Bahn zu bringen. Das Problem ist nur dass dies zeitkritisch ist, da zwischen erster Zündung und Verglühen nur etwa 30-40 Minuten liegen. Es muss also automatisch geschehen. Es muss aber nicht optimal sein – es reicht wenn die Bahn eine Mindesthöhe von 200 km hat, es muss nicht dieselbe Bahn wie vorher erreicht werden. Dann hat man genügend Zeit um sie in Ruhe anzuheben.

Auf der anderen Seite spart dies nicht nur einen Bus ein, sondern erhöht auch die Nutzlast. Denn der Druckbehälter der beim zweiten Start vom Avionikbus abgeholt wird benötigt diesen nicht und ist so um 4-5 t leichter (HTV/ATV). Entsprechend kann die Nutzlast höher werden. Beliebig oft geht das Spiel allerdings nicht, da jeder Transporter etwa 10% seines Eigengewichts als Treibstoff benötigt. Dazu kommt noch Treibstoff um den Avionikteil am Verglühen zu verhindern. Der Treibstoff für folgende Manöver muss auch mitgeführt werden, erhöht aber zugleich als Totgewicht den Treibstoffbedarf für dei ersten Missionen. Realistisch ist eine Wiederverwendung im Bereich von 2-4 Flügen sinnvoll, was immerhin 50-80% der Kosten des Avionikteils einspart.

Wenn man noch weiter geht würde man die Transporter vielleicht modular gestalten, also nicht jedes Land seinen eigenen entwickelt. Auf Bauteilebene ist das ja schon heute der Fall (Druckbehälter, Annäherungssensoren und Triebwerke). Noch weiter würde der Start mit dem billigsten Träger gehen, doch kommen wir spätestens dann in den Bereich der Fiktion, jenseits jeder politischen Unvernunft.

Die bemannte Lösung?

Das ist in der Tat eine offene Frage. Die Sojus ist bewährt und hat seit 40 Jahren keinen Versager mehr aufzuweisen. Aber sie transportiert nur drei Astronauten. Ein neues System würde wohl im wesentlichen nur eine Kapsel mit Triebwerken ohne Serviceeinheit sein. Eine Wohnheit oder eine Serviceeinheit für langen Betrieb oder (wie bei Orion/Apollo) für den Einsatz zum Mond ist bei ISS Flügen überflüssig. 1974 konnte die NASA noch in acht Stunden ankoppeln. So lange könnte man es auch heute in einer engen Kapsel aushalten. Nur kostet ein neues bemanntes System bei den hohen Anforderungen sehr viel Geld und man hätte es schon vor Jahren entwickeln müssen.

Die wahrscheinlich preiswerteste Lösung wäre es die Sojus zu upgraden – die Wohneinheit entfernen und die Wiedereintrittseinheit vergrößern. Die eingesparten 1.370 kg für die Wohneinheit und die 1.000 kg mehr welche die Sojus 2A befördern erlauben es diese um rund 2,95 m Durchmesser zu vergrößern. Das sollte dann für vier Astronauten, vielleicht 5 Astronauten (unten drei, oben zwei)  reichen. Man bräuchte dann zwar immer noch zwei Kapseln, könnte aber die Mannschaft um 33% bis 66% erhöhen. Da derzeit nur 20 h in der Woche geforscht werden (ein Astronaut fiel den Einsparungen zum Opfer und die Russen forschen nicht, sodass netto nur eine halbe Kraft arbeitet) wären zwei Astronauten eine Vergrößerung der Zeit für die Forschung um rund 200%.

Ich denke alles könnte klappen, wenn man an einer vernünftigen Lösung interessiert wäre – nur will man keine vernünftige Lösung sondern jeder will sein System umsetzen. Entweder als Technikdemo, oder weil man nichts neues entwickeln kann und die eigene Raumfahrt mit den Frachttransporten finanziert oder man sucht eine schnelle Lösung um einen Transportauftrag seitens der NASA zu erhalten. Aber was ist schon bei einer Raumstation zu erwarten, deren Nutzungsdauer kürzer als die Aufbauzeit ist?

11 thoughts on “Die ökonomische ISS Versorgung

  1. Ich denke schon die Anfangsanalyse ist falsch. Wenn ich mit einem oder max zwei Flügen pro jahr auskommen will, kann ich mir nicht den Luxus leisten, speziell bei Waren, einen spezialisierten Transport zu verwenden, sondern ein Transportmittel befördert tatsächlich alles. Auch auf der Erde ist das so, wenn nur geringe Transportmengen und Kapazitäten vorhanden sind, dann wird alles (incl Menschen) auf die Ladefläche eine LKW gepackt.

    Stellen wir uns vor, gerade ist ein spezieller Transporter für Gase bei der ISS angekommen, und jemand stellt fest, dass die Socken Löcher haben. Soll dieser Raumfahrer dann möglicherweise ein Jahr warten, bis Ersatz eintrifft? Da lob ich mir den ATV, wo die Socken unbürokratisch mit dazugepackt werden können.

    Natürlich gibt es Einsparungsmöglichkeiten, wobei für mich am meisten Sinn macht, für den Rückflug nicht benötigte Teile direkt am Ort wiederzuverwenden. Bedenkt man z.B. die Redundanz im ATV mit mehreren Rechnern, einer großzügigen Ausstattung mit Solargeneratoren und Triebwerken, die beim Hinflug sicherlich Sinn machen wegen Ausfallsicherheit etc. Beim Rückflug ist diese Sicherheit nicht mehr nötig. Die Bauteile haben die stärkste Belastung beim Start überstanden, sind also geprüft. Also 2 der vier Solargeneratoren, einen der Kontrollrechner und eventuell 2 Triebwerke ausbauen und für Forschungsmissionen wiederverwerten. Dafür könnte dann auch noch etwas von dem Treibstoff abgezweigt werden. Jedes Kg in der Umlaufbahn ist wertvoller als Gold.

  2. Weiterverwendung von für den Rückflug nicht benötigten Teilen klingt gut. Bei den Solarzellen könnte das durchaus sinnvoll sein. Aber was sill man mit ganzen Bündeln vo Triebwerken? Die wären dann nur im Weg.

    Sinnvoller wäre dann schon, gleich die gesamte frachtsektion an der Station zu lassen. Dazu müßte sie nur an beiden Enden einen Kopplunsadapter haben. Wenn dann ein Paar Solargeneratoren am Frachtmodul sitzen und 2 Paar am Antriebsmodul, wären die auch ohne umständliche Bastelarbeiten nutzbar.
    Mit einem eingebauten Lebenserhaltungssystem könnten diese Module sogar zum Aufbau einer eigenen Raumstation verwendet werden. Da die ISS sichere nicht ewig hält wäre irgendwann ein Nachfolge-Projekt nötig, und mit diesem Konzept wäre man mit dabei.

  3. qMartin M: Deine Analyse von nur einem Transport pro Jahr ist genauso falsch. Es werden, wenn sich Dragon und Cygnus eingespielt haben mindestens 10 Transporter pro Jahr die ISS anfliegen. Das bedeutet jedes Frachtgut wird mehr als einmal pro Jahr einen Transport erforderlich machen, außer vielleicht bei Treibstoff (wenn man die Bahn genügend anhebt) und Racks/Rücktransport.

    Ich habe übrigens inzwischen mal durchgerechnet was die Lösung Avionik wiederverwenden bringt. Annahme; Ein Start eines Busses mit 14 t Treibstoff und 6,5 t Leergewicht (basierend auf den ATV Angaben, 1 t höheres Leergewicht durch mehr Treibstoff). Sowie einem reinen Frachtbehälter mit Den Kenndaten des MPLM (20 t Start, 6,6 t Leergewicht) und komme auf exakt viermalige Wiederverwendung bei einem dV von 300 m/s mit Frachtbehälter und 100 m/s ohne.

    In der Summe sieht dies dann so aus:; 5 Starts – 4 x 13,4 t Fracht befördert – netto 10,72 t Fracht. Zum Vergleich: ATV 7,5 t. Dazu kommt noch die Kostenersparnis

    @Elendsoft: Die Idee die Frachtbehälter wiederzuverwenden ist ja nicht neu. Auch einens der ATV Evolution Szenario geht in die Richtung. Das Problem liegt aber darin, dass schon jetzt die ISS unterbesetzt ist. Es waren ja mal 7 Astronauten geplant, nun sind es nur sechs. In jedem Labor gibt es Arbeit für bis zu drei Mann. Die Russen machen eh nichts im westlichen Teil, und Platz gibt es auch genug (nur kein echtes Wohnmodul). Also im Prinzip könnte die ISS jetzt schon ohne neue Module mehr Leute beherbergen. Nur wird dass dann noch teurer und mit den Sojus als Mannschaftstransporter ist das auch nicht praktisch umsetzbar.

    Und schon haben wir uns vom Blogthema gelöst und sind bei der realen ISS mit 20 Stunden Forschung pro Woche angekommen (gesamt, nicht pro Mann).

  4. Wiederverwendbare Servicemodule mit separat zu startenden Frachtmodulen? Tja, das gibt es zwar noch nicht, aber Russland arbeitet daran als Nachfolger für die Progress-Transporter. Das Konzept nennt sich „Parom“.

    Aber was soll das denn heißen, „die Russen forschen nicht“? Was sollen die drei Russen an Bord der ISS denn sonst tun, Wartung und Fitnessprogramme mal nicht mitgerechnet?

  5. Die ISS hat einen russischen und einen westlichen Teil. Die Russen brauchen rund zwei Mann um ihren Teil in Schuss zu halten und die Amis/Japse/ESA rund „dreieinhalb“ Mann für ihren Teil. Eine dreiveiertel Arbeitswoche stehen für Forschung zu Verfügung. (30 Stunden oben war ein Schreibfehler, siehe http://www.spaceref.com/news/viewnews.html?id=1486)

    Gut, dass die meisten Experimente an Bord der ISS keine oder kaum Betreuung brauchen.

  6. Also hat man bei der ISS das gleiche Problem wie beim Shuttle: Der viel zu hohe Wartungsaufwand verhindert eine sinnvolle Nutzung.

  7. Die Ansetzung von 5,5 Personen nur für Wartungszwecke erscheint mir doch sehr hoch gewählt, aber das soll mir erst einmal egal sein.

    Die Wartung der automatisch laufenden Experimente – also Reparatur, Reinigung und Bestückung – zählt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch zur ISS-Wartung hinzu. Allein von daher gesehen muss der Forschungsanteil der Wartungsarbeiten höher sein als 0,5 Manntage pro Tag.

  8. Tja ich zitiere nur den Commander der ersten Sechs-Mann Crew nach
    http://www.space.com/10516-crewmembers-arrive-international-space-station.html
    „Now that we have a six-person crew, we’re going to try to average 30 hours a week on various types of science,“ station commander Scott Kelly said in an interview conducted before the Soyuz launch. „Hopefully we’ll have great results from the scientific experiments that we’re able to do onboard.“

    Wer sollte es besser wissen als der Kommandant der ISS?

  9. Wer jetzt? Der Kommandant der ISS-Expeditionen 25&26 (Scott Joseph Kelly) oder der erste Kommandant einer Sechs-Mann-Besatzung (Gennadi Iwanowitsch Padalka)? Offensichtlich ist ersteres gemeint, oder? Und was ist mit „30 Stunden“ gemeint? Mannstunden, US-Crewstunden oder Gesamtcrewstunden? Und wie gesagt, geht mit Sicherheit einiges der Wartungszeit für die Betreuung der eigentlich automatisch laufenden wissenschaftlichen Experimente drauf.

    Die Plasmaforschung auf der ISS hat übrigens inzwischen bereits zu einer medizinischen Therapie geführt, die sich im Moment in der Erprobung befindet. Auch eine verbesserte Hygiene für medizinisches Personal scheint möglich zu sein.

    Die Konzepte für das ATV wurden logischerweise vor vielen Jahren von einer Reihe Experten diskutiert. Man hat sich damals auf das Zweckmäßigste geeignet. Das entspricht heute leider nicht mehr ganz dem, was man eigentlich braucht, aber Ingenieure verfügen bedauerlicherweise nicht über hellseherische Fähigkeiten. Die Idee, die EPS an der ISS anzudocken, war jedenfalls damals im Gespräch, aber sie war schon seinerzeit eine schlechte Idee und sie es noch heute. Oberstufen und dockfähige Raumtransporter müssen doch recht unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Eine dockfähige EPS wäre also wiederum eine „eierlegende Wollmilchsau“ und damit unnötig teuer geworden.

  10. Wie wäre es wenn Du Kelly fragst, von ihm stammt schließlich der Satz. Ich zitiere hier nur. Ich kann nichts dafür wenn auf der ISS wenig geforscht wird, auch wenn ich auf den Tatbestand hinweise.

    „Plasmaforschung“ gibt es auf der ISS nicht. Zumindest nicht in dem Sinne in dem dieser Begriff definiert ist (Plasma ist ein Gemisch von Atomkernen und Elektronen). Wahrscheinlich ist Zellforschung gemeint, da gibt es den Begriff Plasma auch aber kein Forschungsgebiet. Ist auch egal es geht ja in dem Artikel nicht um die Forschung auf der ISS, sondern die Versorgung

    Beim ATV gab es eine Reihe von Konzepten. Von reinen Frachttransportern über umgebaute EPS Stufen wurde viel diskutiert (und das ist ja noch nicht beendet, wie die Diskussionen um das CRV zeigen).

  11. Wasser, Wodka und Wein im Weltraum

    Lese ein Bericht über das Wasserrückgewinnungssystem der chinesischen Raumstation. Das Reinigungssystem wandelte in drei Wochen 66 Liter Urin der drei Taikonauten in destilliertes Wasser um.

    Laut den Entwicklern ist dies ein wichtiger technologischer Durchbruch für China, der einen langfristigen menschlichen Aufenthalt auf der Raumstation zu minimalen Kosten sicherstellt. Das System kann in einem Zyklus aus sechs Litern Urin fünf Liter destilliertes Wasser extrahieren (das ist zu 83%), die maximale Wasserkapazität beträgt 2,5 Liter pro Stunde. Das russische Testsystem auf der ISS hat ein Gesamtgewicht 100kg, die Kapazität beträgt 3,5 Liter pro Stunde.

    Die Aufrechterhaltung einer langfristigen menschlichen Präsenz im Weltraum erfordert ein gut organisiertes Lebenserhaltungssystem, und Wasserrecycling und Sauerstoffproduktion spielen eine wichtige Rolle. Das System ist so effizient, dass es in sechs Monaten etwa 15,5 Millionen US-Dollar einsparen kann. Laut CASIC beträgt die Lieferung von Fracht an die Orbitalstation zwischen 140.000 und 350.000 Yuan pro Kilogramm, das wäre zwischen 18.273 und 45.683 Euro.

    Vor Saljut-4 nahmen Kosmonauten alles mit, und erst 1975 probierten die Kosmonauten Georgi Gretchko und Alexei Gubarew zum ersten Mal ein „Getränk“ im Orbit aus Dämpfen und schmutzigem Wasser. Es war eine Revolution. Immerhin wurden bereits 1967 die Tests der allerersten Wasseraufbereitungsanlage durchgeführt: Drei Test-Kosmonauten wurden ein ganzes Jahr lang in einem Prototyp einer Mars-Raumsonde eingesperrt. Und schon damals wurde deutlich, wie schwierig diese technische Aufgabe ist – die Regeneration.

    Jetzt sind die Systeme sehr ausgereift und auf höherem technischen Niveau. Auf auf der ISS wird bis 90 Prozent des flüssigen Abfalls Regeneriert. Zur Zeit wird ein neues russisches System getestet, und wenn alles glatt läuft, müssen in Zukunft keine großen Wassermengen an die Station geliefert werden. Im Nauka-Modul kommt das neue SRV-UM zum Einsatz. Das spart Platz in den Progress-Frachtschiffen. Es gibt Perspektiven für die Entwicklung von Reinigungssystemen, die einen 100 % geschlossenen Kreislauf ermöglichen. Die aktuellen russische Wasserregenerationssysteme – SRV-K2M und Electron-VM ermöglichen es, die Kosmonauten auf der ISS zu 63 % mit Wasser zu versorgen.

    Das amerikanische Wasserrückgewinnungssystem – ECLSS wurde 2008 entwickelt. Es sammelt nicht nur Feuchtigkeit aus der Luft, sondern regeneriert auch Wasser aus Urin und festen Abfällen. Trotz schwerwiegender Probleme und häufiger Ausfälle während der ersten zwei Betriebsjahre kann ECLSS heute 100 % Feuchtigkeit aus der Luft und 85 % Feuchtigkeit aus Urin und festen Abfällen zurückgewinnen. Als Ergebnis ist auf der ISS ein moderner Apparat, der es ermöglicht, bis zu 93% des ursprünglichen Wasservolumens wiederherzustellen.

    Noch für die Statistik: Der erste vollwertige Wasserregenerationsapparat erschien auf der Mir-Station und ermöglichte es, während seiner gesamten Existenz insgesamt 58650 kg Fracht zu „sparen“. In Anbetracht der Tatsache, dass die Lieferung von 1 kg Fracht etwa 5-6 Tausend US-Dollar kostete, hat das erste vollwertige Wasserrückgewinnungssystem die Kosten um etwa 300 Millionen US-Dollar gesenkt.

    Eine interessante Tatsache ist, dass, wenn ein russischer Kosmonaut 2,7 Liter Wasser pro Tag hat, den amerikanischen Astronauten etwa 3,6 Liter zugeteilt werden. Aber anders als bei der russischen Mission bekommen die Amerikaner Wasser in kleinen Plastiktüten und bei russischen Kosmonauten in 22-Liter-Fässern.

    Nun ja, die Amis verbrauchen mehr Wasser als die Russen auf der ISS, das spricht für ihren Komfort. Die Russen halten aber den absoluten Rekord an Verbrauch von Wodka in ihren Orbitalstationen. Schon vor dem Start von Saljut-1 wurde eine Flasche armenischen Brandy hinter Manschetten zur Blutdruckmessung versteckt. Später durften die Kosmonauten mit Erlaubnis der Ärzte und Flugmanager offiziell kleine Mengen gutem Cognac haben. Das hat aber nicht gereicht, später war in jedem Transporter eine oder mehrere Flaschen Cognac versteckt.

    Laut G. Gretschko, der insgesamt 135 Tage im Orbit verbracht hat, vollbrachten die Besatzungen „Wunder des Einfallsreichtums“, während sie feurige Liköre schmuggelten. Alkohol gelangte in Anzügen, in Wasserkanistern, Lebensmittelverpackungen und Medikamentenverpackungen in die Umlaufbahn. Im Logbuch wurden die Seiten so ausgeschnitten, dass sie in eine kleine Flasche Feuerwasser passen. Einer der Kosmonauten sagte, um die Kontrollen zu umgehen, haben sie lange vor dem Start der Orbitalstation auf der Erde 12 Flaschen armenischen Cognac gekauft und in weiche Plastiktüten mit einem Drehverschluss umgefühlt. Danach fuhren sie zu der Saljut-Fabrik und haben dort die Chance wahrgenommen, in mehreren Verstecken der Orbitalstation 6 Liter Alkohol zu platzieren. Mehr noch: Als der Cognac ausgegangen war, versuchte so manche durstige Besatzung, durch Gärung von Säften selbst Spirituosen herzustellen.

    Heute auf der ISS ist jede alkoholhaltige Droge verboten. Auch in Deodorants und Eau de Toilette. Entflammbarkeit ist nicht das Hauptkriterium. Alles, was Alkohol enthält, wird sofort von Gasanalysatoren erfasst. Die Erde sieht sofort das. Selbst wenn eine Flasche geöffnet wird, geht der Geruch (Sensor-Analysator) im Telemetriemodus zur Erde und die sehen dass Alkohol an Bord ist und die Systeme zur Luftreinigung werden sofort ausgeschaltet. Sie hören einfach auf zu arbeiten, wenn sie Alkoholdämpfen ausgesetzt sind.

    NASA hat aber Forschung mit Wodka auf der ISS gemacht und weitere sind geplant, es ging dabei den Einfluss der Schwerelosigkeitsbedingungen auf die Reifung alkoholischer Getränke“ zu verfolgen. Experten überprüften auch das 20 Jahre alte Grand Cru (Qualitätswein) Chateau Petrus, dessen Flasche normalerweise etwa 5.000 Euro kostet. 12 Flaschen dieses Weins, verbrachten insgesamt 438 Tage und 19 Stunden im Orbit. Nach der Rückkehr auf die Erde wurde es einige Zeit innerhalb der Mauern des ISVV aufbewahrt, und am 1. März 2021 fand eine Verkostung statt, an der 12 Önologen teilnahmen. 11 von ihnen bemerkten den Unterschied zwischen dem Wein, der ein Jahr im Orbit verbracht hatte, und dem Wein, der die ganze Zeit auf der Erde gelagert wurde. Das Experiment wurde als Erfolg gewertet, die Tannine (Substanzen, die Adstringenz verleihen) waren etwas weicher und das Aroma-Bouquet ist fruchtiger geworden.

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