Ich mach was falsch

Auf diesen Gedanken bin ich bei der Recherche für mein Diätbuch gekommen. Zwischen den beiden Korrektoren habe ich es noch um die Konzepte der Dukan Diät und der Weight Watchers ergänzt. Da stolpert man natürlich auch über Zahlen über die Umsätze die mit solchen Konzepten gemacht werden. Nur mal drei Beispiele: Diamond verkaufte 12 Millionen Exemplare seines Buches „Fit for Life“. Atkins je nach Quelle 12-45 Millionen seiner Bücher und seine Frau brachte von dem Erbe rund 41 Millionen in eine Stiftung ein. Dukan, der sein Konzept erst 2010 veröffentlicht hat, soll inzwischen auch schon 10 Millionen Bücher verkauft haben.

Bei den Margen als Autor kann man von 1-2 Euro Gewinn bei jedem Buch ausgehen, damit ist man also fürs Leben saniert. Auch die Weight Watchers haben ein Konzept, das sie selbst als „wissenschaftlich abgesichert“ beschreiben. Wenn man sich das was darüber veröffentlicht wird ansieht (die Firma mahnt ja jeden ab, der Formeln oder ähnliches publiziert) dann wird der Gesamtenergiegehalt mit einer Formel berechnet, davon 1000 kcal abgezogen und das ist dann die maximale tägliche Verzehrsmenge. Nur dass diese nicht in kJ oder kcal sondern in „Punkten“ gemessen wird. Mehr ist es nicht. Es läuft immerhin so auf eine Diät mit gemischter Kost hinaus, neuerdings mehr in Richtung „Low Fat“, also dem Konzept das von den meisten Ernährungswissenschaftlern empfohlen wird. Aber immerhin ist es ein empfehlenswertes Konzept, für das eben die Hand aufgehalten wird und dann verdient man noch mit speziellen Taschenrechnern die die Points errechnen. (Wers übrigens genauer wissen will, kann zu meinem Energierechner greifen).

Das ist schon mal ein Unterschied zu den drei andern Konzepten. Bei Diamonds wird die Zeit wann man was essen darf stark reglementiert. Daneben gibt es wirre Postulate die nicht stimmen (Fleisch enthält kein Vitamin B12, Milch verklebt den Magen etc.), und dadurch wird die Zahl dessen, was man essen darf stark eingeschränkt. Das gibt es auch bei den anderen. Wers noch nicht weiß: Bei Atkins darf man fast keine Kohlehydrate zu sich nehmen, das bedeutet die Nahrung besteht außer energiearmen Gemüse als einziger pflanzlicher Nahrung am Anfang nur aus tierischer Nahrung: Fleisch, Wurst, Milchprodukte Eier. Später wird es dann gelockert, doch selbst bei Dauerernährung sind maximal 40-60 g Kohlenhydrate pri Tag erlaubt, ein Sechstel bis ein Viertel der normalen Aufnahmemenge. Dukan ist noch extremer. Hier ist auch Fett nicht mehr erlaubt. Das bedeutet man darf nur extrem mageres Fleisch (natürlich ohne Fett zubereitet), fettfreie Milchprodukte, 1 Ei und fisch essen. Das Konzept heißt auch „Star Diät“, angeblich weil Stars auf es schwören, meiner Meinung nach eher, weil es sich kein anderer leisten kann. Die erlaubten Produkte sind recht teuer. Ein Diättag kostet 20-30 Euro.

Ich denke, jeder kann sich ausmahlen wie lange man die erlaubten Lebensmittel essen kann, so scheint nach neueren Untersuchungen der Erfolg auch mehr auf Nahrungsverweigerung als dem postulierten Abnehmen durch Ankurblung des Fettabbaus zu beruhen. Daher haben beide Konzepte auch hohe Abbruchquoten und auch einen ausgeprägten jo-Jo Effekt. Diamond ist nach Aufnahmen von 2009 übergewichtig. Atkins wog als er starb 117 kg. Also scheint das Konzept nicht mal bei den Erfindern anzuschlagem.

Aber darum geht es mir eigentlich nicht. Obwohl jedes dieser Konzepte eigentlich nicht für eine dauerhafte Abnahme, bei der man das Gewicht auch hält, tauglich ist, verkaufen sie sich prima. Da stört es nicht wenn offizielle Stellen alle drei als „gesundheitsschädigend“ einstufen. Es reicht wohl Gewichtsabnahmen von einem Kilo pro Woche oder sogar 5 Kilo in zwei Wochen zu versprechen. Atkins hatte vor Zehn Jahren noch einen Marktanteil von 12%, in der Blütezeit waren es noch mehr. Das bedeutet dass Millionen sich freiwillig diesem Konzept unterzogen.

Also Leute kaufen freiwillig Bücher und Produkte die von ihnen verlangen, sich stark beim Essen einzuschränken. Nur wegen des schnellen Abnehmens willen? Oder weil es so anders als die normalen Empfehlungen ist? Vielleicht sollte ich anstatt ein Buch über die Grundlagen der Ernährung und des Stoffwechsels und wie man dieses Wissen in einer Diät umsetzt einfach eine neue Diät entdecken. Wie wäre es mit der Schokoladediät? Oder einer Brotdiät?

Ich sehe das ja auch bei meinen schon existenten Büchern. Da beschwert sich jemand bei einem Sachbuch über die ISS das es diese beschreibt anstatt „Begeisterung zu erwecken“. und das DLR Magazin bemängelt bei einem Lexikon, das es nur die Auflistung von Fakten enthält. Es ist wohl ein grundlegender Fehler Sachbücher mit Fakten zu schreiben oder Bücher mit dem Ansatz den Leser zu informieren und ihm zu helfen. Wichtiger scheinen Geschichten zu sein.

Okay die Erkenntnis ist nicht neu. Es gibt mehr Leser der Bild als der FAZ. Es schauen Millionen Trash-Fernsehen an wie die Casting-Shiws. Aber ich dachte immer es müsste genügend Leute geben die sich für mehr interessieren. Dem scheint aber im deutschsprachigen Raum nicht zu sein.  Seit Jahren kaufe ich fast nur noch englischsprachige Bücher wie aus der Reihe Springer Praxis Books, da findet man noch diese Informationstiefe.

6 thoughts on “Ich mach was falsch

  1. Ich sehe das auch weiter. Frage an das Auditorium: Wo gibt es im deutschsprachigen Raum Bücher die tiefer in die Technik gehen und nicht nur die Menschen behandeln, Bücher die ein Niveau wie „Digital Apollo“ oder „How Apollo flew to the moon“ haben?

  2. Ich stimme Hans zu, auch wenn ich bislang noch nie eine hardcopy gelesen hab kenne ich ja die Aufsätze von deiner website. Vllt muss mal die „richtige“ Person das Buch empfehlen. Es würde mich nicht wundern wenn hinter Atkins und Konsorten auch eine entsprechende PR-Agentur steht. Lobby kann einem Türen öffnen.

  3. Das Thema „Diät“ ist auf der einen Seite ganz einfach:
    * Viel Abwechselung beim Essen, damit man alle essentiellen Stoffe
    (bestimmte Proteine, Fettsäuren, Vitamine, Mineralien etc. pp.) dabei
    hat
    * Nicht zu viel Energie
    * Sport, denn sonst verliert man vor allem Muskelmasse. Zudem machen
    die beim Sport freigesetzten Endorphine es einfacher, auch mal etwas
    länger ein leichtes Hungergefühl zu überstehen

    Auf der anderen Seite ist es wahnsinnig schwer:
    * Sport kennen die, für die eine Diät am wichtigsten wäre, wenn
    überhaupt, dann nur noch aus dem Fernsehen
    * Zur Vielseitigkeit reicht Essen am Imbiss (Currywurst mit Pommes,
    Döner Kebap etc.) oder mit vorbereiteten Speisen halt nicht aus
    * Und dann war da noch der Heißhunger, der binnen einer Stunde eine
    erfolgreiche Diätwoche zunichte machen kann

    Also suchen die Leute nach zig erfolglosen Versuchen nach der „Wunderdiät“.

    Die größten Erfolgschancen haben m.E. die Konzepte, die auf eine intensive psychosoziale Begleitung der Diät-Treibenden setzen. Aber da gleitet vieles leider ins Extreme und sektenhafte ab.

    Kai

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