Die Suche nach NEO’s
Ich lass kürzlich diesen Artikel bei Space.com über eine Mission um NEO’s zu erfassen. NEO’s sind Near Earth Objects, also Asteroiden (oder Planetoiden) welche sich nahe der Erdbahn befinden. Es ist unbestritten, dass ab und an einer dieser auf der Erde einschlägt (siehe auch mein Artikel über Amargeddon). Nach einer Theorie, die Aussterbewellen in einen zeitlichen Zusammenhang bringt von den Entdeckern des Chicxulub Kraters, schlägt ein besonders großer Brocken alle 26 Millionen Jahre bei uns ein. Da haben wir aber noch einige Millionen Jahre Zeit bis der nächste ansteht.
Was ist nun von der Mission zu halten? Ich meine nichts. Ich möchte mal die Suche nach NEO’s als ein Ziel annehmen, das erstrebenswert ist. Darüber könnte man debattieren, da es bis heute keine Pläne zur Abwehr gibt. Immerhin wäre eine Warnung und Evakuierung möglich. Doch benötigt man dazu eine Raumsonde? Die postulierte Raumsonde soll 638 Millionen Dollar kosten und in einen Orbit innerhalb des Erdorbits in der Nähe zur Venus gelangen.
Als Vorteil wird angegeben, dass ein irdisches Teleskop nur einen Teil der NEO’s finden kann. Natürlich kann jedes erdgebundene Teleskop nur den Nachthimmel untersuchen, das ist die helle,blaue Zone in der Abbildung. Objekte die nahe der Sonne sind sieht man nie, sie befinden sich auf dem Taghimmel. Das ist die orangene Zone.
Das Raumfahrtzeug könnte aus seinem Orbit der eine andere Umlaufszeit als die Erde hat diese Objekte erfassen, so wird postuliert. Nur: Die Objekte sind nicht statisch dort. Sie bewegen sich um die Sonne und auch die Erde. So haben nach 180 Tagen die blaue und orangene Zone ihre Positionen vertauscht. Es entgehen natürlich eine Reihe von Objekten und zwar diejenigen die eine Umlaufszeit von einem Jahr haben, da sie sich synchron mit der Erde bewegen. Doch aus demselben Grund würden sie auch nie der Erde nahe kommen.
Die NASA hat nun die Aufgabe bekommen bis 2020 alle NEO’s bis 140 m Durchmesser zu finden. (Ein 140 m Asteroid aus Stein hinterlässt einen Einschlagskrater von etwa 1,5 bis 3 km Durchmesser, „bis“ ist gemeint: alle größeren Objekte). Daher postuliert sie eine Raumsonde. Das ist aber der falsche Weg. Wenn die NASA den Auftrag bekäme die Meere zu erforschen, würde sie auch einen Satelliten bauen anstatt U-Boote. Sinnvoller ist es sicher, mehr Teleskope auf der Erde zu bauen. Das Grundproblem eines NEO ist dass er sich schnell am Himmel bewegt wenn er nahe der Erde ist und sehr leuchtschwach wenn er weit von der Erde entfernt ist. Suchteleskope müssen daher große Teile des Himmels absuchen. Das erfolgte, bevor man es systematisch tat, mit mittelgroßen Teleskopen der 1-2 m Klasse, die zu klein für die normale astronomische Forschung waren. Der nächste Schritt waren dann spezialisierte 2 m Teleskope, kombiniert zu einem Array. Und das letzte ist wohl das LSST. Es ist ein 8 m Teleskop mit einer sehr großen Kamera (64 cm Durchmesser, 3,2 GPixel) und einer kurzen Brennweite wofür es sich auch zur NEO Suche eignet, aber auch zur suche nach anderen kurzfristigen Phänomenen wie Nova, Sternen mit Helligkeitsschwankungen etc. Was der richtige Weg ist ist umstritten. Viele kleinere Teleskope entdecken viel eher Körper, da sie einen größeren Teil des Himmels absuchen können und vor allem ganz kleine Brocken, die man heute erst wenige Tage vor der nächsten Annäherung entdeckt nicht entgehen würden. Für die systematische suche nach größeren Brocken, die aber weiter von der Erde entfernt sind, eignen sich wohl eher wenige große Teleskope.
Das LSST kostet 400 Millionen Dollar, weitaus weniger als die Raumsonde. Es hat einen 8 m Spiegel während man bei einer Raumsonde wohl mit einem von unter 1 m rechnen muss und es ist nach ein paar Jahren nicht nutzlos sondern kann laufend mit neuen Instrumenten ausgestattet werden. Die Investition ist also viel sinnvoller. Noch extremer sieht die Rechnung aus, wenn man anstatt einem Satelliten viele 1 m Teleskope betreibt – ein 1 m Teleskop nennen inzwischen schon viele Sternwarten ihr Eigen und die Investitionskosten liegen bei etwa 1 – 2 Millionen Dollar. Man würde also Hunderte dieser Instrumente anstatt einem Satelliten erhalten, was sicherlich für das Ziel alle NEO’s zu finden. Der beste Weg wäre wohl eine NASA Beteiligung an mehreren der 8 m Teleskope, die vorrangig die NEO suchen, bis man statistisch sicher ist, dass man die meisten hat und das danach für andere Forschungen zur Verfügung steht. Davon haben dann alle was – NASA und die Astronomie.
Ähm… normalerweise bist du ja in solchen Dingen zuverlässig auf der richtigen Seite – aber dieser Artikel war, sorry, ein Griff ins Klo.
Natürlich verschieben sich die Zonen im Verlauf des Jahres, und natürlich sind Asteroiden nicht statisch (ich vermute mal, das ist auch der NASA bewusst…). Aber genauso klar ist, dass die rote eingefärbte Zone von der Erde aus nie eingesehen werden kann (das hellblaue Kreissegment streicht nie darüber), von der Raumsonde aber schon. Asteroiden, deren Bahn vorwiegend innerhalb der Erdbahn verläuft (Aten Typ), können von der Erde aus kaum gesehen werden. Weiter ist es möglich, dass ein Asteroid, dessen Bahn vollständig innerhalb der Erdbahn verläuft, nach aussen migriert – wir würden ihn erst sehen, wenn es zu spät ist. Dass Asteroiden mit Umlaufzeiten von einem Erdjahr ungefährlich seien, ist ein Irrtum: zunächst einmal ist die Umlaufzeit selten exakt ein Jahr (man denke z.B. an Cruithne), weiter verändern sich die Bahnen von derart kleinen Objekten durch den Yarkowsky-Effekt und durch Vorbeiflüge an Planeten und anderen Asteroiden laufend.
Ich stimme dir zu, dass man bei der erdgebundenen Suche mehr tun könnte – das reicht aber nicht aus, wie oben erklärt. Wenn die NASA den Auftrag hat, ALLE gefährlichen Asteroiden grösser 140 m zu finden (also auch die Aten Types), dann kommt sie um ein solches Teleskop nicht herum.
Die NASA hat aber schon eine Raumsonde mit einem Teleskop in der Größe auf einer geeigneten Umlaufbahn: Spitzer. Seine Umlaufbahn führt ihn jedes Jahr 15 Millionen km von der Erde weg, womit er einen zweiten Blickwinkel bekommt der jedes Jahr etwas stärker von dem der Erde abweicht. Damit dürften alle Asteroiden welche die Erdbahn kreuzen erfasst werden. Bleiben noch die innerhalb der Erdbahn. Die müssten allerdings schon größere Bahnänderungen vollführen um dann innerhalb von menschlichen Zeiträumen der Erde gefährlich zu werden. Das Beobachten der Venus ist heute von der Erde aus problemlos möglich. Daraus ist abzuleiten das auch Asteroiden bis zu einer Sonnenentfernung von 108 Millionen km erfasst werden können. Das sind gute 40 Millionen km Sicherheitsabstand.
Bleibt für mich zu hoffen, dass die NASA nicht alles übernimmt was ihr die Industrie, in diesem Falle Ball aerospace vorschlägt.
Spitzer ist für die Astronomen viel zu wertvoll, um es mit Asteroidenjagd zu beschäftigen. Ausserdem braucht man für die Suche nach unbekannten Objekten ein Weitwinkel-Teleskop, was Spitzer nicht ist.
Natürlich können wir die Venus beobachten: sie ist auch 12000 km gross und hat eine Albedo von 0.75 – man sieht sie ja manchmal sogar am Taghimmel. Für Objekte, die 1.2 km gross sind und eine Albedo von 0.05 haben, sieht die Sache eben anders (etwa 15 Millionen mal schlechter) aus. Wenn die Kreissegmente in der Grafik wirklich die Zonen beschreiben, in denen man mit bodengestützten Teleskopen Asteroiden effizient entdecken kann, dann verpasst man eben alle in der roten Zone – dass wir die Venus sehen können, ändert da nichts daran. Ein Teleskop im Orbit ist da nicht viel besser, es kann zwar näher an der Sonne suchen, wird aber doch durch Streulicht (z.B. von der Erde) limitiert, zudem kann es nicht exakt in Richtung Sonne schauen, was bei Erdbahnkreuzern vom Aten Typ aber nötig wäre (nächste Annäherung an die Erde findet meist in Richtung Sonne statt). Nur von einem sonnennäheren Orbit aus kann das Teleskop nach „aussen“ blicken und immer noch alle erdbahnkreuzenden Asteroiden finden.
PS: Ein weiterer Punkt ist natürlich dass wir von Aten-Asteroiden, die sich der Erde nähern, vornehmlich die Schattenseite sehen, oder zumindest sehen wir sie in Phase, was ihre Sichtbarkeit nochmals deutlich reduziert. Ein Teleskop in einem Venus-ähnlichen Orbit hat dieses Problem aber nicht.
Du scheinst kein Fernrohr zu besitzen oder einmal Beobachtungen gemacht zu haben. Es hat nichts mit der Helligkeit zu tun, sondern der Entfernung von der Sonne – zu nahe darf das Teleskop nicht an die Sonne heran ohne das es Beschädigungen durch die Detektoren gibt. Kann man die Sonne abdecken kann man sogar Kometen neben ihr entdecken . Siehe SOHO, welche gerade ihren 2.000 sten Kometen entdeckt hat.
Spitzer wird inzwischen zur Suche eingesetzt weil er kein Helium mehr hat und nur noch zwei Kanäle der Kamera betreiben kann.
@Bernd: Betrift Spitzer. Wie ist das jetzt mit der Umlaufbahn des Teleskops?
Eine Bahn um die Erde ist es nicht, sondern eine um die Sonne, wobei es der Erde hinterher fliegt, oder wie ist das zu verstehen? Irgendwo hab ich mal gelesen, das es wie SOHO auch in einem Lagarangepunkt „sitzen“ soll; L2 soweit ich weis. Oder verwechsel ich da gerade was?
Spitzer hat eine etwas andere Bahn die nicht in einem der Lagrangepunkte liegt. Es ist eine Bahn mit einem Bahndurchmesser der um 0,4 Millionen km größer ist als der der Erde. Dadurch ist die Umlaufszeit länger als bei der Erde und sie entfernt sich nach NASA Angaben um 15 Millionen km pro Jahr (ich finde die Zahl etwas groß, da die Umlaufszeit nur um 2 Tage größer ist)
SOHO sitzt wie andere Raumsonden in einem Lagrangepunkt, das nützt bei der suche von Neos aber nicht viel, außer man nimmt die Punkte L4/L5 die 50 Grad vor und Nach der Erde liegen.
Mich wundert, dass weder Bernd noch andere Kommentatoren GAIA erwähnen, eine ESA-Mission zur Vermessung der kompletten „näheren“ Milchstraße, die große Teile der NEO-Suchaufgabe quasi nebenbei miterledigen wird. Zwar ist Gaia bezüglich eines gewissen Teils der Objekte, die sich dauerhaft innerhalb der Erdbahn befinden, quasi blind. Die überwiegende Zahl davon ist aber nicht gefährlich, weil sie eben dauerhaft innerhalb des Erdorbits bleibt …
Die effizienteste Umsetzung der NEO-Aufgabe wäre also, einige irdische Teleskope zu bauen, die die von GAIA laufend ermittelte Liste neuer Kandidaten genauer ins Visir nimmt, um die Bahnen zu vermessen und Größenschätzungen zu ermitteln. Und nach Ablauf der nominalen Gaia-Mission die Drehachse von Gaia so ändern, dass dieses künftig noch deutlich näher an die Sonne blickt, um die NEO-Suche zu optimieren.
Doch die NASA wird es sich nicht gefallen lassen, dass die ESA die ganze primäre Entdeckungsarbeit leistet und sie quasi nur der Vasall sind, der die NEO-Objekt-Liste nachbeobachtet. Und so ist es einigermaßen wahrscheinlich, dass wir bald mehrere Satelliten haben, die nach NEOs fahnden, und keine vernünftige Nachbeobachtung.
Kai
@Bernd: Doch, ich habe sogar schon mal in einer Sternwarte gearbeitet. Ich wollte nur sagen: daraus, dass wir die Venus am Abendhimmel sehen können, lässt sich nicht ableiten, dass wir auch alle Asteroiden bis hinunter zur Venusbahn beobachten können. Die gehen nämlich am Abend- bzw. Morgenhimmel durch die Resthelligkeit der Atmosphäre einfach unter – das ist der Grund dafür, warum das blaue Segment den Bereich zwischen Venus und Erde nie überstreicht. Auf das zusätzliche Problem, dass wir diese Objekte alle in Phase sehen und sie deshalb noch lichtschwächer sind, als sonst, bist du auch nicht eingegangen.